Tag: Normalisierung

  • Projekt, Hadas Tapouchi

    Hadas Tapouchis Fotografien zeigen die alltägliche Stadtlandschaft, banale Orte des Wohnens und Arbeitens, des Lernens, der Freizeit und Erholung. Erst die Kontextualisierung mit historischen Informationen macht die Geschichte der jeweiligen Lokalitäten offensichtlich und verändert den Blick: Es handelt sich um Orte, an denen während der NS-Zeit Zwangsarbeiter*innen untergebracht waren.

    Tapouchis fotografisches Mapping setzt sich mit der Normalisierung von historischen Orten im heutigen Stadtraum auseinander. Ihre Bilder aktualisieren die historische Distanz und vermitteln auf diese Weise zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

    Zwangsarbeiter*innen waren insbesondere während des Zweiten Weltkrieges im Straßenbild allgegenwärtig: Auf ihrem täglichen Weg zur Arbeitsstätte ebenso wie im öffentlichen Raum, etwa beim Einsatz im Straßenbau oder in städtischen Betrieben. Um Zwangsarbeiter*innen zugeteilt zu bekommen, mussten Unternehmen nicht nur ihren Bedarf anmelden, sondern auch eine Unterkunft bereitstellen. Aus diesem Grund errichteten gerade größere Firmen eigene Lager. Öffentliche Träger wie die Stadt München richteten Sammelunterkünfte ein und vermieteten Unterkunftsplätze an kleinere Unternehmen.

    Tapouchi interessiert sich für die Potenziale eines kollektiven Gedächtnisses, das sich der Marginalisierung und Unsichtbarkeit von Geschichte im öffentlichen Raum widersetzt. Durch eine „Praxis der Erinnerung“ („Memory Practice“) erkundet sie ehemalige Raumordnungen und deren Machtverhältnisse – und fragt, wie die Erinnerung an die Gewaltgeschichte der Zwangsarbeit durch Gentrifizierung und Wertschöpfung überschrieben wurde. Ihr Projekt macht die Geschichte wahrnehmbar und bringt sie in die räumliche Nähe derer, die sich heute erinnern.