Tag: Reichsbahnausbesserungswerk
- Projekt, Forum DCCA, Fabian Bechtle, Leon Kahane
Der Film „Neuaubing/Freiham“ betrachtet die Gleichzeitigkeit der Stadtentwicklung Freihams und das Sichtbarwerden des historischen Geländes des RAW-Lagers. In den Nachkriegsjahren geriet der historische Zusammenhang des Areals aufgrund zunehmender zeitlicher Distanz und verschiedener Nachnutzungen mehr und mehr in Vergessenheit.
Landesweite gesellschaftliche Debatten um die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit der NS-Zwangsarbeit und mögliche Entschädigungszahlungen für ehemalige Zwangsarbeiter*innen in den späten 1990er Jahren sowie die Planungen für das 350 Hektar große Neubaugebiet Freiham ab den 2000er Jahren trugen dazu bei, dass auch die Geschichte des RAW-Lagers wieder sichtbarer wurde.
Der Planungsbereich Freihams umfasste zunächst auch das historische Gelände des ehemaligen Lagers. So gab es Pläne, dort einen großen Supermarkt und ein Möbelhaus zu bauen. Dies veranlasste die Nutzer*innen, die seit den 1970er Jahren die Baracken als Ateliers und Werkstätten verwendeten, und später auch die Stadt München dazu, historische Recherchen zu veranlassen.
Heute steht das Gelände unter Denkmalschutz. In Freiham existieren bereits erste Wohnungen und Bildungseinrichtungen. Aus der Perspektive des Stadtteilmanagers Daniel Genée erkunden Bechtle und Kahane diese Wechselwirkungen. Dabei stellen sich auch Fragen nach den Funktionen, die der künftige Erinnerungsort für eine vielfältige Stadtbevölkerung erfüllen soll, welche Erwartungen sich daran knüpfen, aber auch welche pragmatischen Bedingungen damit einhergehen.
- Projekt, Paintbucket Games
„Forced abroad“ basiert auf den originalen Aufzeichnungen des 1925 in Rotterdam geborenen Jan Henrik Bazuin. 1940 besetzten die Nationalsozialisten die Niederlande. Bei der Bombardierung der Stadt durch die Deutsche Wehrmacht im Mai wurde auch die Druckerei der Familie Bazuin zerstört, in der Jan vermutlich mitarbeitete. Er entging der großen Razzia von Rotterdam vier Jahre später, bei der in nur zwei Tagen rund 52.000 Menschen zum Arbeitsdienst ins Deutsche Reich verschleppt worden. Vermutlich befand er sich in dieser Zeit außerhalb der Stadt, weil er als Erntehelfer im Osten des Landes tätig war. Im November 1944 begann er, ein Tagebuch zu verfassen. In täglichen Einträgen berichtet er vom Kriegsalltag in der besetzten Stadt und der sich immer stärker zuspitzenden Hungerkrise. Zugleich schreibt er auch vom Streit mit seinen Eltern sowie von seiner neuen Liebe, Annie, und später schließlich von seinen Erlebnissen in Deutschland.
Bazuin konnte nach dem Zweiten Weltkrieg und seiner Rückkehr in die Heimat nie über seine Erlebnisse sprechen, doch er hinterließ mit dem Tagebuch ein wichtiges Zeugnis für die historische Forschung. Erst 2001, als Jan Bazuin starb, hat es sein Sohn Leon entdeckt.
Die Visual Novel basiert auf den Aufzeichnungen wurde jedoch um fiktive und interaktive Elemente ergänzt. Der Protagonist, Jan de Boer, erlebt eine nachempfundene Erfahrung: die Verschleppung von Rotterdam nach München, die Trennung von seinen Eltern und seiner ersten Liebe. Schließlich findet er Wege, um in Deutschland zu überleben. In einem Erinnerungsalbum, das User*innen während des Games anlegen, werden historische Hintergrundinformationen zur Verfügung gestellt, die zum Verständnis der Geschichte beitragen sollen. Die Illustrationen stammen von der Comiczeichnerin Barbara Yelin. Gemeinsam mit ihr ist zudem die Buchpublikation „Jan Bazuin: Tagebuch eines Zwangsarbeiters“ (C.H. Beck) entstanden.