MEMORY IN PRACTICE
Allein im Stadtgebiet München befanden sich während des Zweiten Weltkriegs mehr als 400 Massenunterkünfte für Zwangsarbeiter*innen. Zum Teil wurden Baracken in unmittelbarer Nähe zu Arbeitsstätten oder auf den Firmengeländen errichtet. Zum Teil wurden Schulen, Turnhallen oder Gasthäuser zu Unterkünften umfunktioniert. Heute ist von den historischen Bauten so gut wie nichts mehr sichtbar. Die Fotografin Hadas Tapouchi erkundet 30 dieser Orte und macht ihre ehemalige Präsenz erfahrbar. Die interaktive Stadtkarte lädt ein, Veränderungen im urbanen Raum selbst zu dokumentieren und zu teilen. So wird der digitale Erinnerungsraum nach und nach mit den physischen, historischen Orten der Stadt verbunden.
Liste bekannter ehemaliger Lager in München
Alle Angaben basieren auf der Datenbank des NS-Dokumentationszentrum München.
101 bis 500 Personen
Simon-Knoll-Platz 3
Sommerstraße 29
St. Veit-Straße 70
Steinerstraße 6 (früher: Nr. 4)
Im Kaiser-Ludwig-Heim der Bäckerinnung München war von 1942 bis 1945 das Arbeitskommando 2911 des Stalag VIIa mit 40 französischen Kriegsgefangenen untergebracht, die in umliegenden Bäckereien arbeiten mussten.
Steinstraße 24
Das Kommando aus Häftlingen des KZ Dachau wurde im Juli 1944 zum Zweck der Blindgängerbeseitigung und Aufräumarbeiten nach Bombenangriffen zusammengestellt und in der Turnhalle der Stielerschule untergebracht. Von dort wurden die Häftlinge in die Romanstraße, wo sich eine Meldestelle für Blindgänger befand, gefahren und dann in Sechser-Gruppen unter Begleitung von Feuerwerkern der Wehrmacht zu ihren Einsatzorten gebracht, um die hochgefährliche Arbeit zu verrichten. Zahlreiche Häftlinge kamen bis April 1945 bei der Beseitigung und Entschärfung der Blindgänger ums Leben. Ihre genaue Zahl ist nicht mehr feststellbar.
Stielerstraße 6
Südlich der Schacky-Straße am Knie
Im Tanzsaal der Gaststätte waren französische Kriegsgefangene untergebracht. Das Haus wurde bei einem Luftangriff 1944 völlig zerstört.
Tegernseer Landstraße 11
Thalkirchner Straße 264
Bei der Firma L. Ehrengut, einem Sägewerk mit Tischlerei, waren von April bis September 1942 zehn Häftlinge des KZ Dachau eingesetzt. Sie wurden bei der Produktion von Bauteilen für Militärbaracken eingesetzt und waren in einer Baracke auf dem Werksgelände untergebracht. Bereits ab März 1942 wurden in der Firma KZ-Häftlinge eingesetzt, die zunächst aber noch täglich nach Dachau zurückkehrten. 1944 befand sich dort ein Lager für polnische Zwangsarbeiter*innen.
4 bis 10 Personen
Thalkirchner Straße 270
Thalkirchner Straße 31-33
Warngauer Straße
Weißenburger Straße 26
51 bis 100 Personen
Welserstraße 34a
heute Westpark (westlich des Kugelbrunnens)
Westendstraße 260
Willibaldstraße 21
Zielstattstraße 65
Lager des Kriegsgefangenen-Arbeitskommandos 2916.
Gögginger Straße 15
Pullach, Kreuzeckstr. 26
Ende August 1942 kam für den Bau der Produktionsstätte der Firma Bartolith (Auftrag der SS-Bauleitung für Bauholzplatten aus Holz-Beton-Gemisch) ein Kommando aus 30 Häftlingen des KZ Dachau und 7 Wachmännern nach Freimann. Im November 1942 wurde das Kommando auf etwa 80 Häftlinge vergrößert und mit der Produktion begonnen. Die kärgliche Verpflegung der Häftlinge wurde aus dem KZ Dachau angeliefert. Wegen der mangelhaften Ernährung und der schweren Arbeit brachen nahezu täglich Häftlinge erschöpft zusammen. Häftlinge wurden von den SS-Wachmännern und dem Sohn des Firmeninhabers misshandelt. Arbeitsunfähige Menschen wurden nach Dachau zurückgebracht und ersetzt. Im Juli 1943 war der Auftrag abgeschlossen und das Häftlingskommando wurde zurück ins KZ Dachau verlegt.
51 bis 100 Personen
Floriansmühlstraße
Truderinger Straße 17
Schillerstraße 12
heute Schillerstraße 11a
Müllerstraße 47
Schwanthalerstraße 18